5. Ostersonntag - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern!

"Der Weg ist das Ziel", wie oft haben wir diesen Satz schon gehört!
"Der Weg ist das Ziel." - Aber stimmt diese Weisheit wirklich?

Wenn ich das Ziel erreicht habe, höre ich dann nicht auf zu gehen? Wenn aber der Weg das Ziel ist, wie käme ich dann überhaupt in Bewegung? Wie wüsste ich, in welche Richtung ich gehen soll? Macht nicht die Existenz eines Zieles den Weg überhaupt erst zu einem Weg, den man geht?

Übertragen auf unser Leben:
Leben wir einfach in den Tag hinein? Oder haben wir ein Ziel?
Vielleicht hat es in den letzten Wochen aufgrund der Einschränkungen vermehrt Tage gegeben, die wir einfach so verlebt haben. Doch wenn ich von mir selbst ausgehe: Auf Dauer ist es nicht durchhaltbar, kein Ziel vor Augen zu haben. Ich würde die These vertreten: Der Mensch braucht kleine und große Ziele, denen er nachgehen kann, die ihm wie ein Leuchtturm vor Augen stehen.

"Wozu sind wir auf Erden?" - Die älteren Brüder und Schwestern haben die Antwort auf diese Frage aus dem alten Katechismus noch auswendig lernen müssen. Und auch der vor einigen Jahren herausgegebene Jugendkatechismus Youcat beantwortet diese Frage in der klassischen Weise: "Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen und zu lieben, nach seinem Willen das Gute zu tun und einst in den Himmel zu kommen."
Wie wir es auch formulieren mögen: Unser Leben, unser Weg auf dieser Erde hat ein Ziel, er hat sein Ziel bei Gott. Die Gemeinschaft mit Gott ist der letzte Leuchtturm, dem wir folgen wollen und der uns die Richtung anzeigt.
"In den Himmel will ich kommen, fest hab ich mirs vorgenommen. Mag es kosten, was es will, für den Himmel ist mir nichts zuviel",
so formuliert es eine alte Kinderweisheit.

Für uns Christen ist also nicht der Weg das Ziel, nicht unser Leben hier auf Erde ist uns das Entscheidende; sondern das Ziel des ewigen Lebens in der Gemeinschaft mit Gott vor Augen gehen wir diesen Weg.

Welchen Weg aber sollen wir einschlagen, um das Ziel der Gemeinschaft mit Gott zu erreichen? 
Im Evangelium sagt Jesus heute von sich: "Ich bin der Weg." Dieser Weg, der uns zum Ziel führt, ist also Gott selbst, der uns in Jesus den Weg gezeigt hat, der das Ziel des Weges mitten auf dem Weg für uns immer schon vorwegnimmt, der uns auf dem Weg zu ihm durch Jesus Christus im Heiligen Geist immer schon Gemeinschaft mit sich selbst schenkt.
So sind einerseits Weg und Ziel für uns sehr wohl identisch: die Gemeinschaft mit Gott durch Jesus Christus im Heiligen Geist. Andererseits entbindet uns diese "Weggemeinschaft" mit Gott gerade nicht, den Weg weiterzugehen, sondern stellt uns das Ziel nur noch mehr vor Augen.
Vielleicht sollten wir nicht so sehr sagen: "Der Weg ist das Ziel", sondern: "Das Ziel ist der Weg". Das Ziel, die Gemeinschaft mit Gott, ist zugleich der Weg, wie wir zu diesem Ziel gelangen können: mit ihm verbunden!

Um diese Verbindung mit Gott sollen wir uns mühen. Wenn in den letzten Wochen öffentliche Gottesdienste nicht stattfinden konnten, war das wahrscheinlich eine große Herausforderung. Vielleicht ist uns die Herausforderung dadurch aber auch erst als Herausforderung bewusst geworden. Vielleicht hat der Wegfall der Selbstverständlichkeit sogar einen neuen Elan bewirkt.
Wenn ab nächster Woche unter bestimmten Auflagen wieder öffentliche Gottesdienste erlaubt sind, sollten wir uns diesen Elan bewahren bzw. uns jedenfalls immer wieder neu prüfen: Bin ich auf dem richtigen Weg? Stehe ich in Gemeinschaft mit Gott? Suche ich diese Gemeinschaft? Ist Jesus Christus der Weg meines Lebens und der große Leuchtturm, dem ich entgegengehe?

Zu den liturgischen Texten

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