11. Sonntag i. Jkr. - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
"Auf dass den Gläubigen der Tisch des Gotteswortes reicher bereitet werde, soll die Schatzkammer der Bibel weiter aufgetan werden" (SC 51).
Diese Forderung findet sich in der Liturgiekonstitution des 2. Vatikanischen Konzils. Bei der Reform der Liturgie wurde diese Anregung aufgegriffen und die Auswahl der Schriftlesungen, die im Laufe mehrerer Jahre in der hl. Messe gelesen werden, entsprechend erweitert.
Ein weiterer Aspekt, wie der Tisch des Wortes seit den 1970er Jahren reicher bereitet werden sollte, wird auch heute - fast 60 Jahre später - zumindest im deutschsprachigen Raum leider noch immer nicht überall umgesetzt. Ich rede vom sogenannten "Antwortpsalm". Denn der Gesang nach der ersten Lesung soll nicht einfach ein "Zwischengesang" sein, eine kurzweilige Aufheiterung im Verlauf der Messe. Nein, er ist selber biblische Verkündigung. Das Buch der Psalmen ist das große Gebet- und Gesangbuch der hl. Schrift, der im Optimalfall gut vorgesungene Psalm daher nicht nur gesangliche Einlage, sondern Lesung aus der hl. Schrift.
Ich möchte heute einmal unser Augenmerk auf diesen Text richten, auf diese uralten Gebetsworte der Bibel, die uns die Liturgie nach der ersten Lesung in den Mund legt. Der heutige Antwortpsalm ist nach unserer Zählweise der Psalm 100. (Wer mitschauen mag: im Gotteslob - Nr. 56.)

Es ist ein relativ kurzer Psalm. Er besteht aus 7 Aufforderungen (Jauchzt!, Dient!, Kommt!, Erkennt!, Tretet ein!, Kommt!, Dankt!) und einer Begründung dafür.
Interessant ist, an wen die Aufforderungen gerichtet sind, nämlich an "alle Länder der Erde". Nicht nur das Volk Israel soll JHWH als seinen König anbeten, wie in den Psalmen, die in der Bibel unmittelbar vor Psalm 100 stehen, sondern alle Länder der Erde.
Es ist das im Alten Testament öfter anzutreffende Motiv der "Völkerwallfahrt", das hier wiederkehrt. Ja, das Volk Israel ist das besonders von Gott erwählte Volk, ein "Königreich von Priestern und () ein heiliges Volk", wie es in der ersten Lesung heute geheißen hat. Aber dieses Volk Israel ist nicht für sich selbst erwählt, sondern ist das Werkzeug Gottes für die Heiligung der ganzen Welt. Wenn Jesus im heutigen Evangelium die zwölf Apostel gleichsam als Stammesfürsten des neuen Israel einsetzt, wenn er sie - und mit ihnen die ganze Kirche - aussendet, dann eben auch mit diesem Auftrag, der ganzen Welt das Heil zu bringen: Kranke zu heilen, Tote aufzuwecken, Aussätzige rein zu machen und Dämonen auszutreiben.

Aber kommen wir nochmals zurück zu unserem Psalm.
Hier werden eben auch "alle Länder der Erde" angesprochen. Sie werden eingeladen, Gott - den einen Gott Israels - zu erkennen ("Erkennt: Der Herr allein ist Gott") und am Tempelkult teilzunehmen ("Tretet mit Dank durch seine Tore ein! Kommt mit Lobgesang in die Vorhöfe seines Tempels!"). Beides sind eigentlich Alleinstellungsmerkmale Israels und doch wird hier die ganze Welt dazu aufgerufen.
Der Psalm spricht also vom "Ende" her, zeigt uns, was das Ziel der Sendung Israels und der Sendung der Kirche ist. Das "Heimholen" der Völker zum Tempel, die "Sammlung" aller Menschen um den einen Altar.
"Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern", trägt Jesus den Aposteln vor seiner Himmelfahrt nochmals auf. Sie - und damit wir alle - sollen die Aufforderung des Psalms in die ganze Welt hinaustragen.

Freilich, wenn wir einfach in die Welt die Imperative des Psalms hinausposaunen, wird das wohl nicht sehr erfolgreich sein. "Jauchzt vor dem Herr! Dient dem Herrn! Erkennt: Der Herr allein ist Gott!", wer nur diese Aufforderungen von uns vernimmt, der wird eher von uns abgeschreckt werden als dass er sich angezogen fühlt.

Wichtig ist, dass wir mit der Aufforderung auch die Begründung mit verkünden: "Denn der Herr ist gütig, ewig währt seine Huld, von Geschlecht zu Geschlecht seine Treue."
Dass Gott ein gütiger Gott ist, der uns zugeneigt ist, der um jeden einzelnen von uns weiß, der uns in unseren Sorgen nicht allein lässt, der uns zur Seite steht, der mit uns durch dick und dünn geht - das müssen wir unseren Mitmenschen erfahrbar machen, am besten durch unser eigenes Beispiel!

Liebe Brüder und Schwestern!
Der heutige Antwortpsalm ist zwar ein Aufruf an "alle Länder der Erde", an all die "anderen", aber die größte unausgesprochene Forderung stellt er an uns selbst: In die Welt hinausgehen und mutig in Wort und Tat die Frohe Botschaft vom liebenden Gott verkünden, "denn der Herr ist gütig, ewig währt seine Huld, von Geschlecht zu Geschlecht seine Treue".
Amen.

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