Fronleichnam - Ansprache bei der eucharistischen Ortssegnung

Aus dem Johannesevangelium (1,1-5.9-14)

Liebe Brüder und Schwestern!
In den letzten Wochen haben Sie zu Hause vielleicht viel zusammengeräumt. Bei uns in der Pfarrkanzlei war es jedenfalls so.
Erst vor wenigen Tagen haben unsere Sekretärin Martina Crepaz und ich uns an den Archiv-Kasten gewagt und viele interessante Dokumente darin entdeckt. Unter anderem auch ein Plakat zur Kirchweihe des Wienerwalddomes in Eichgraben am 21. Oktober 1951. Nächstes Jahr darf die Pfarre Eichgraben ja das 70jährige Kirchweihjubiläum begehen.
Dieses Plakat hat jedenfalls meine Neugierde geweckt und so habe ich mir die entsprechenden Seiten der Pfarrchronik herausgesucht und gelesen, was der damalige Pfarrer Josef Seiwald unter diesem Tag notiert hat.
"Um 6h früh läuteten die Glocken den schönsten und herrlichsten Tag meines Lebens und meiner Pfarrgemeinde ein",
so beginnt er seine Schilderung des Kirchweihtages nach einer ungewöhnlich großen Überschrift, die bereits eine halbe Seite füllt.
Zweifelsfrei ist es ein großer Tag für die Pfarre Eichgraben und insbesondere für Pfarrer Josef Seiwald gewesen, der einige Seiten später die Gefühle bei der ersten Messe, die er am Tag darauf in der neuen Kirche gefeiert hat, mit den Gefühlen bei seiner Primiz vergleicht.
Eindrucksvoll schildert er die verschiedenen Zeremonien der Kirchweihe, die der bereits altersschwache Bischof Michael Memelauer vollzogen hat. Wenn man seine Ausführungen aber liest, dann erkennt man, was für ihn der eigentliche Höhepunkt dieses historischen Tages für unsere Pfarrgemeinde gewesen ist, nämlich wenn er von der hl. Messe berichtet, die der Bischof nach der Kirchweihe gefeiert hat, und seine Sprache geradezu feierlich und beschwörend wird. Er schreibt in der Chronik:
"Immer wieder wechselten Gebet und Gesang bis das hl. Opfer seinen Höhepunkt in der hl. Wandlung erreichte.
Christus, der Herr des Hauses, stieg nun in seine von Menschenhand gemachte Wohnung, die wir Ihm unter Gebet und Opfer und mit viel Liebe im Herzen erbaut haben, herab vom Thron des Himmels."
Das, wofür er mit der Gemeinde die Kirche erbaut hat, findet jetzt seine Erfüllung. "Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt", das Geheimnis der Menschwerdung Gottes, das uns gerade wieder im Evangelium feierlich verkündet wurde, findet seine "Verlängerung" im Geheimnis der Eucharistie, in der realen Gegenwart Jesu unter den Zeichen von Brot und Wein. Das ist es, wozu unsere große Kirche gebaut wurde, dass sie eine "Gottesburg" sei, wie es Josef Seiwald in der Chronik einige Male schreibt, dass hier in besonderer Weise Gott inmitten seines Volkes wohne. Das ist es auch, was wir heute am Fronleichnamstag dankbar betrachten und feiern dürfen. Jesus, der gesagt hat: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt", ist uns immer nahe, ganz besonders - mit Leib und Blut - im heiligen Sakrament des Altares, in dem wir ihn empfangen und buchstäblich von ihm leben dürfen.
"Möge die Liebe des Herrn in seinem heiligsten Herzen in diesem Gotteshaus wohnen zum Segen und zum Trost der Gläubigen, die in diesen Tagen hier wohnen und auch den folgenden Generationen bis zum Ende der Zeiten",
diesen Wunsch von Pfarrer Josef Seiwald aus der Pfarrchronik möchte ich an dieser Stelle wiederholen, bevor ich nun aufs Neue den Segen Gottes für Eichgraben erbitten darf. Die Gegenwart Jesu mitten unter uns - im eucharistischen Brot in der Monstranz und in unseren Herzen - möge unserer Pfarre erhalten bleiben und ihre innerste Lebensquelle sein!

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