Ostersonntag - Am Tag

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

"Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg."

So hat es gestern im Exsultet, im Osterlob der Osternacht geheißen. Und viele weitere poetische Texte verwenden ähnliche Metaphern. In der Ostersequenz, die zu Ostern vor dem Evangelium eingeschoben wird, ist vom "unbegreiflichen Zweikampf" zwischen Tod und Leben die Rede gewesen, von einem regelrechten Schlagabtausch: "des Lebens Fürst, der starb, herrscht nun lebend".

In der Nachdichtung, die wir vorhin gesungen haben:

"Tod und Leben führten Zweikampf so wie niemals einer war. 'Storben ist der Fürst des Lebens, doch erstand heut wunderbar."

Am Karfreitag sieht alles nach der endgültigen Niederlage Jesu aus, der als "Fürst des Lebens" beschrieben ist. Der Tod scheint in seinem langen Krieg gegen das Leben endgültig den Sieg davongetragen zu haben; doch zu Ostern dann die unerwartete Wendung: Der scheinbar Besiegte trägt den Sieg davon. Das Leben mag die "Schlacht" am Karfreitag verloren haben, aber gerade so gelingt ihm der entscheidende Sieg, gerade so kann das Leben den "Krieg" für sich entscheiden.

Auch die bildnerische Kunst hat sich dieses Motives angenommen. Eine Darstellung, die mir besonders gut und eindrücklich in Erinnerung ist, befindet sich im Dominikanerkloster San Marco in Florenz. Der berühmte italienische Dominikaner und Maler Fra Angelico hat dort in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts u.a. die Klosterzellen freskiert. Und eines dieser Fresken zeigt eine eindrückliche Auferstehungsszene. Leider ist das Motiv nicht ganz erhalten, aber man sieht die die linke Hand Jesu - gut erkennbar an der Nagelwunde der Kreuzigung, die nach alten Menschen greift und diese zu sich zieht - vermutlich Adam und Eva mit ihren Nachkommen. Der restliche Körper Jesu ist, wie gesagt, leider nicht erhalten, aber man sieht noch seinen Fuß, der in der gleichen Bewegung, mit der Jesus Adam und Eva zu sich zieht, den Teufel zertritt. Ähnlich wie in der Poesie wird hier das Ostergeschehen als ein Krieg zwischen Leben und Tod, zwischen Christus und dem Teufel beschrieben. Der Teufel scheint bereits den Sieg davongetragen zu haben und Adam und Eva mit ihren Nachkommen endgültig gefangen zu halten. Doch der scheinbar Besiegte, der mit den Wunden der Kreuzigung noch die Zeichen seiner Niederlage sichtbar an Händen und Füßen trägt, zertritt ihm an Ostern das Haupt, nimmt ihm den Sieg und führt seine Kriegsgefangenen in die Freiheit zu sich nach Hause in das Reich des Lebens.

Liebe Brüder und Schwestern!

Wir feiern Ostern als ein Fest des Sieges. In einer Zeit, in der wir viel von Kriegen hören, wo der Krieg eine bittere Realität unweit unserer Heimat geworden ist, wo das Sicherheitsgefühl auch bei uns abgenommen hat, da können diese alten Bilder wohl wieder an Ausdruckskraft gewinnen. Ja, es gibt Kriege, es gibt die Mächte des Bösen, wenn man so will: es gibt den Teufel. Aber: Alle Kämpfe zwischen Gut und Böse sind bereits ausgefochten in dem einen Zweikampf zwischen Leben und Tod. Ja, es mag sein, dass sich ungerechte und böse Kräfte als die Stärkeren durchsetzen. Aber: Jesus, der selbst der vom Tod Besiegte ist, hat gerade als solcher schon den Endsieg davongetragen. Seit Ostern wissen wir: Das Leben ist stärker! Das Gute hat gesiegt und wird auch am Ende offenkundig als Sieger dastehen.

So dürfen wir, gerade auch angesichts schlechter Nachrichten, die es immer wieder gegeben hat und sicher auch in Zukunft geben wird, doch voll Hoffnung und Zuversicht mit den Worten der Sequenz bekennen: "Ja, der Herr ist auferstanden, ist wahrhaft erstanden" und deshalb zu ihm rufen: "Du Sieger, König, Herr, hab Erbarmen!"

In den Worten unserer Nachdichtung:

"Ja, der Herr ist auferstanden. Wahrhaft, er erstand vom Tod. O du Sieger, großer König, Herr, erbarm dich unsrer Not!"

Amen.

Zu den liturgischen Texten




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