11. Sonntag i. Jkr. - Lj.A, Stiftungsfest K.St.V. Albertia im KV zu München

Liebe Farbenbrüder,
liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Vielleicht fragt ihr euch heute anlässlich eures Stiftungsfestes: Was macht eure Identität als Albertia aus?

Vielleicht müssen wir uns auch als Gesellschaft fragen lassen: Was macht unsere Identität aus?

Ganz sicher müssen wir uns auch als Kirche immer wieder fragen lassen: Was macht unsere Identität aus?

Was macht unsere Identität aus? Was macht uns zu dem, was wir sind?

Mit dieser Frage stehen wir mitten im Themenkomplex, den uns die Schriftlesungen des heutigen Sonntags vorgeben. 

Schauen wir zunächst auf die erste Lesung aus dem Buch Exodus. Das Volk Israel ist nach der wunderbaren Befreiung aus Ägypten auf dem Weg ins Gelobte Land beim Gottesberg angekommen. Das Volk, das neu die Freiheit gefunden hat, beginnt sich als Volk zu konstituieren. Wir könnten sagen: Das Volk Israel ist auf der Suche nach seiner Identität. Was ist dieses Volk jenseits davon, dass es das aus Ägypten befreite Volk ist? Wie lässt es sich positiv beschreiben? Was macht es aus? - Und hier macht das Volk die Erfahrung, dass es sich das nicht selbst zuzuschreiben braucht, dass ihm seine Identität von Gott selbst verliehen wird, der zum Volk spricht: "Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Königreich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören."

Von einem priesterlichen Volk ist da also einerseits die Rede. Religionsgeschichtlich ist es Aufgabe der Priester, zwischen irdischer und göttlicher Sphäre zu vermitteln. Das Volk Israel als Instrument dieser Mittlerfunktion zwischen Gott und Menschen. - Das ist ein erstes Identitätsmerkmal Israels.

Und andererseits wird Israel ein heiliges Volk genannt. "Heilig" meint im Unterschied zum Profanen das für Gott Reservierte, das in den Bereich den Göttlichen Hineingehobene. Israel als Volk Gottes bezieht seine ganze Identität also von der Verbindung mit diesem Gott. Auf das 19. Kapitel des Buches Exodus, aus dem die heutige Lesung genommen ist, folgt logisch daher auch der "Bundesschluss", die Gabe der zehn Gebote bzw. die gegenseitige Verpflichtung von Gott und Volk aufeinander.

Was macht unsere Identität als Kirche, als neues Volk Israel, aus? - Aus der ersten Lesung dürfen wir also zwei Punkte mitnehmen:

(1) Wir stehen als Kirche in einer dienenden Funktion der Welt gegenüber. Wir dürfen und müssen Mittler zwischen Gott und Menschen sein. - Und wir dürfen ergänzen: Wir sind das in und durch Jesus Christus, in dem Gott selbst endgültig diese Mittlerfunktion wahrgenommen hat.

(2) Wir stehen zwar als Kirche mitten in dieser Welt, sind ihr aber doch als heiliges Volk entrückt, sind ganz auf Gott verwiesen. - Und auch hier dürfen wir sagen: Wir sind das in und durch Jesus Christus, der einerseits wahrer Mensch geworden ist, ohne andereseits aufzuhören, wahrer Gott zu sein.

Auf diese Abhängigkeit von Jesus Christus, in dem und durch den wir unsere Identität als Kirche leben, macht uns die zweite Lesung aus dem Römerbrief aufmerksam, wo Paulus an das große Werk Christi erinnert, "durch den wir [...] die Versöhnung empfangen haben", durch den Gott und Mensch sich unsagbar nahe gekommen sind.

Liebe Brüder und Schwestern!

Unsere Identität als Kirche, als dienend-vermittelnde und ganz auf Gott hin ausgerichtete Gemeinschaft in und durch Jesus Christus, darf aber nichts Abstraktes sein, sondern muss sich im konkreten Leben bewähren. Die zwölf Apostel, die Jesus im Evangelium beruft und auf die er seine Kirche aufbaut, werden sogleich ausgesandt mit ganz konkreten Aufgaben: Geht! Verkündet! Heilt! Weckt auf! Macht rein! Treibt Dämonen aus!

So möchte ich sagen, liegt es auch an uns, an jedem einzelnen und an uns als Gemeinschaft, die Identität der Kirche hier und heute zu konkretisieren. Hier und heute die Menschen mit Gott zu verbinden; hier und heute aus der Verbindung mit Christus heraus ganz auf Gott hin ausgerichtet zu sein.

Liebe Farbenbrüder!

Was macht unsere Identität aus? - Das dürft ihr euch anlässlich eures Stiftungsfestes auch als Verbindung fragen, die das "K" für "Katholisch" in ihrem Namen führt.

Was macht unsere Identität aus? - Das dürfen wir alle uns fragen, die wir als Getaufte Teil der Kirche und ihrer Sendung in die Welt sind.

Was macht unsere Identität aus? Sind es nur abstrakte Leitsätze oder Prinzipien, die wir wie Banner vor uns hertragen? Oder drückt sich etwas davon auch in unserem konkreten Leben - im Verbindungsleben, in unserem kirchlichen und gesellschaftlichen Engagement, in unserem Privatleben oder sonstwo - aus?

Was macht unsere Identität aus? - Nehmen wir uns das als Frage und als Ansporn mit, in unserer Welt "ein Königreich von Priestern" und "ein heiliges Volk" zu sein, das dieser Bezeichnung immer mehr gerecht wird.

Amen.

Zu den liturgischen Texten

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