Karfreitag - Feier vom Leiden und Sterben des Herrn


Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Nachdem Papst Franziskus das laufende Jahr 2024 zum "Jahr des Gebetes" erklärt hat, möchte ich heute unsere Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Jesus übereinstimmend nach den sogenannten synoptischen Evangelien mit einem Gebet auf den Lippen stirbt. Im Markus- und Matthäusevangelium sind es die Worte "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Wir haben am Palmsonntag die Version nach Markus gehört und darüber etwas nachgedacht); und bei Lukas sagt Jesus: "Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist". Im Johannesevangelium, dessen Passionsbericht wir heute gehört haben, scheint das auf den ersten Blick anders zu sein. Hier ist nicht die Rede davon, dass Jesus sich an den Vater wendet, sondern es heißt schlicht und einfach: "Und er neigte das Haupt und übergab den Geist". - Und doch meine ich, versteckt sich hinter diesen Worten ein noch viel tieferes Gebet, als es die synoptische Tradition mit den Psalmzitaten zum Ausdruck bringt, die sie Jesus in den Mund legt.

Gebet heißt eben grundlegend, mit Gott im Gespräch zu sein, sich mit ihm auszutauschen - ganz unabhängig davon, ob man dazu Worte gebraucht und welche Worte man verwendet. Im Fall Jesu werden wir sagen müssen, dass das Gebet, so verstanden, der Inhalt seines Lebens ist. Er ist seinem Wesen nach als zweite Person der göttlichen Dreifaltigkeit mit dem Vater verbunden, steht im Austausch mit ihm; und die Frucht dieses Austauschs, dieses "Gebets", ist die dritte göttliche Person, ist Gott, der Heilige Geist, der aus dem ewigen Liebesaustausch zwischen Vater und Sohn hervorgeht.

Wenn nun Johannes, der oft als der Theologe unter den Evangelisten bezeichnet wird, den Tod Jesu mit den Worten beschreibt: "Er übergab den Geist", dann drückt er damit eigentlich nichts anderes aus, als den immerwährenden innergöttlichen Austausch, das innertrinitarische "Gebet", die Liebesbeziehung zwischen Vater und Sohn im Heiligen Geist, der eben daraus hervorgeht.

Das mag jetzt zugegebenermaßen für die heutige, ohnehin dichte Karfreitagsliturgie sehr theologisch und kompliziert klingen, aber wir können es auch ganz einfach auf die Formel bringen: Johannes sagt uns, dass selbst im Tod Jesu die Beziehung, das Gebet zwischen Vater und Sohn nicht abreißt, dass Jesus weiterhin den Geist übergibt, dass die innergöttliche Liebesbeziehung selbst den Tod überdauert und fruchtbar bleibt.

Liebe Brüder und Schwestern!

So kann der Tod Jesu auch die Ermutigung an uns sein, die Beziehung zu Gott nicht abreißen zu lassen, auch in schwierigen, ja aussichtslosen Situationen im Gebet seine Nähe zu suchen. Dieses Gebet, dieses in-Beziehung-Sein mit ihm wird ganz sicher fruchtbar sein, auch wenn es uns nicht immer aus der konkreten Not herausreißen wird. Aber das ist ja gerade die Hoffnung des Karfreitags, der in den Ostersonntag münden wird: Dass es jenseits aller Not Erlösung gibt, wenn wir uns an Gott halten.

So dürfen wir jetzt auch in der Liturgie uns an Gott wenden, zu ihm beten und in den traditionellen "Großen Fürbitten" für alle Menschen beten, dass sie und wir alle tatsächlich hineingenommen sind in seine alles überdauernde göttliche Liebe.

Zu den liturgischen Texten

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