Karfreitag

Liebe Brüder und Schwestern!

Gestern bei der Messe vom Letzten Abendmahl haben wir die Worte Jesu über Brot und Wein gehört, wie sie uns der hl. Paulus überliefert hat: "Das ist mein Leib für euch. Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut." - Mein Leib für euch. Es geht um die Hingabe Jesu für uns.
Diese Hingabe geschieht als Ganzhingabe in seinem Tod am Kreuz. "Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn." Jesus schenkt sich uns ganz; nichts hält er von sich zurück, seine ganze Existenz ist gekennzeichnet von diesem Für

Heute haben wir als erste Lesung das vierte Lied vom Gottesknecht aus dem Propheten Jesaja gehört. Da ist die Rede von einem geheimnisvollen Knecht, der keine schöne und edle Gestalt hat, ein "Mann der Schmerzen" ist. Auf diesen Gottesknecht wird die ganze Schuld des Volkes geladen. "Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm." Aus christlicher Perspektive erschließt sich uns dieser rätselhafte Text wie von selbst: Jesus ist der leidende Gottesknecht. Er ist der Gerechte, der durch das zu Unrecht erlittene Leiden die vielen gerecht macht.

Das Leiden Jesu, das zum stellvertretenden Leiden für die Sünder wurde, hat zu allen Zeiten große Fragen aufgeworfen. Ist Gott ein rachsüchtiger Gott? Ist er gar grausam, sodass er das Blut seines Sohnes als Vergeltung fordert?
Wir werden solche Fragen wohl nie ganz zufriedenstellend beantworten können. Aber wir sind eingeladen zu einem Perspektivenwechsel. Jesus ist der gerechte Gottesknecht, der unschuldig zum Tode verurteilt wird. Nicht der Vater im Himmel verurteilt seinen Sohn zum Tod, sondern die Ungerechtigkeit der Menschen. 
Und was macht Jesus? "Er duldet still und schweigt", wie es in einem Kreuzweglied heißt. Er durchleidet das Unrecht und hält seine Liebe gegenüber den Menschen durch.

"Er neigte sein Haupt und gab seinen Geist auf." Mit diesen Worten beschreibt Johannes schließlich den Tod Jesu. Die neue Einheitsübersetzung übersetzt diesen Satz genauer: "Er übergab den Geist."
Jesus ist der ewige Sohn, der als zweite Person der göttlichen Dreifaltigkeit sein ganzes Sein dem Vater verdankt. Er behält dieses Geschenk aber nicht für sich, sondern wendet sich voll Dankbarkeit an den Vater zurück, schenkt sich dem Vater. Und als Frucht dieser ewigen Liebesgabe des Vaters an den Sohn und des Sohnes an den Vater geht aus ihnen der Heilige Geist hervor.
Die Logik Gottes ist eine andere als die der Menschen: Hingabe und Selbstverzicht sind keine Boten des Todes, sondern der Fruchtbarkeit und des Lebens.

Indem Jesus die Ungerechtigkeiten der Menschen bis zum Tod durchleidet, indem er sich so die Sünden von uns allen aufladen lässt, macht er Leiden und Tod zum Ausdruck seiner ewigen Hingabe an den Vater, "übergibt" er den Geist - und sprengt das Unrecht und die Sünde sozusagen von innen her auf. Wir werden es nie ganz verstehen, aber wir erahnen: "Durch seine Wunden sind wir geheilt."

"Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg." So beschreibt das vierte Lied vom Gottesknecht den Zustand der Unerlöstheit. Jesus gibt vom Kreuz aus seiner Mutter den Lieblingsjünger zum Sohn, schafft neue Gemeinschaft. Die Erlösung löst unseren exklusiven Blick auf uns selbst und lässt uns aufblicken - zu Gott und zum Mitmensch.

Sagen wir ja zur Erlösung Jesu! Brechen wir unseren eigenen Egoismus auf! Öffnen wir uns für das Geschenk der Gnade Gottes! Öffnen wir uns für die Not des Nächsten!

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A