Osternacht

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die Feier der Osternacht ist voll von liturgischen Besonderheiten, von außergewöhnlichen Riten und Texten. Es ist eigentlich unmöglich, in einer kurzen Predigt auf alles einzugehen.
Gleich zu Beginn der nächtlichen Feier stehen der Einzug in die dunkle Kirche mit der Osterkerze und das feierliche Osterlob.
Der Ursprung dieses Osterlobes liegt wahrscheinlich darin, dass der gottesdienstliche Raum für die österliche Nachtwache erleuchtet worden ist. Frühe Darstellungen kennen bereits eine besondere Osterkerze, die dabei entzündet wurde. Und es war Aufgabe des Diakons, eine Lobrede auf diese Kerze als Symbol für den auferstandenen Christus, der neues Licht bringt, zu halten. Daraus entstanden ist auch der Text unseres heutigen Osterlobes und so sehe ich es als meine Aufgabe als Diakon an, heute diesen Text ein wenig zu beleuchten.
Ich möchte mich dabei auf einige markante Stellen beschränken. Nämlich wo es heißt: "Dies ist die Nacht".

Dies ist die Nacht, die unsere Väter, die Söhne Israels, aus Ägypten befreit und auf trockenem Pfad durch die Fluten des Roten Meeres geführt hat.

Seit ältester Zeit wird in der Osternacht an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten erinnert. Ostern feiert das neue Leben, das Jesus uns durch seinen Tod am Kreuz erwirkt hat und das sich an Ostern zeigt.

Dies ist die Nacht, in der die leuchtende Säule das Dunkel der Sünde vertrieben hat.

Mit dem Auszug aus Ägypten verbunden ist auch die Rede von der Feuersäule, die dem Volk voranzog. Wenn diese Assoziation im Osterlob, im Preisgesang auf die Osterkerze, geweckt wird, wird deutlich: Die Feuersäule, die uns vorangeht, ist die Osterkerze, ist Christus, der auferstandene Herr, der uns den Weg bereitet. Und das Dunkel, durch das er uns hindurchführt, ist "das Dunkel der Sünde": Wo wir uns von Gott getrennt haben, da will er uns zu ihm zurückführen.

Dies ist die Nacht, ... die alle, die an Christus glauben, scheidet von den Lastern der Welt, ... ins Reich der Gnade heimführt und einfügt in die heilige Kirche.

Die Osternacht ist die alte Taufnacht der Kirche. Was in den vorangehenden Sätzen aus dem Alten Testament angedeutet wurde, das wird jetzt als gegenwärtiges Geschehen begriffen.
Im Taufversprechen widersagt der Täufling bzw. dessen Eltern und Paten dem Bösen, zieht er gleichsam aus Ägypten aus, wird er "geschieden von den Lastern der Welt"; und bekennt er seinen Glauben an Gott, an Christus, der ihm als leuchtende Säule vorangeht und ihn in der Taufe "ins Reich der Gnade heimführt und einfügt in die heilige Kirche", in die große Gemeinschaft derer, die an ihn glauben.

Dies ist die Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg.

Liebe Brüder und Schwestern!
Die Auferstehung Jesu, die wir heute feiern; das Ostergeschehen, das sich auch an uns allen seit unserer Taufe immer neu ereignet, das Hinübergehen vom Tod ins Leben, von der Trauer in die Freude, vom Dunkel ins Licht; das Geheimnis dieser heiligen Osternacht - ist so groß, dass es schwer fällt, passende Worte zu finden.

Dem Dichter unseres Osterlobes geht es ähnlich, sodass er am Ende einfach in Jubel ausbricht: 

O unfassbare Liebe des Vaters! Um den Knecht zu erlösen, gabst du den Sohn dahin!

Die Erlösung sprengt unseren menschlichen Wissens- und Verstehenshorizont und so nimmt der Dichter Zuflucht zu eigentlich paradoxen Aussagen: 

O wahrhaft heilbringende Sünde des Adam! O glückliche Schuld!

Ostern will uns verwandeln. Auch dort wo es in unserem Leben das Dunkel gibt, wo menschliches Versagen, Sünde und Schuld da sind, kann der Osterjubel durchbrechen, kann es licht werden.

Liebe Brüder und Schwestern!
Ich wünsche Ihnen allen und auch mir selbst, dass das Osterlicht unser Leben erhellen und bestimmen möge; dass Christus selbst das Licht auf all unseren Wegen sei; dass wir immer wieder den Mut finden, zu ihm aufzublicken, wenn es schwierig wird; schließlich dass wir einmal zum ewigen Ostern gelangen mögen, wenn

der wahre Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: ... unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand, der den Menschen erstrahlt im österlichen Licht.

Mit diesen Schlussworten des Osterlobes wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Osterfest und die Erfahrung der Gegenwart Jesu, des Auferstandenen, in Ihrem persönlichen Leben!


Zu den liturgischen Texten

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