Geburt Johannes des Täufers - Am Tag

(Predigt zur Messe "Am Vorabend")

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Schrifttexte, die die Kirche für das Hochfest der Geburt Johannes des Täufers zusammengestellt hat, beziehen sich in unterschiedlicher Weise auf das Leben unseres Kirchenpatrons.
Im Evangelium haben wir kurz die Notiz über seine Geburt und anschließend von den wunderbaren Ereignissen um seine Beschneidung und Namensgebung gehört.
Und in der zweiten Lesung erwähnt Paulus bei seiner Predigt das Auftreten Johannes des Täufers als Bußprediger und reiht ihn ein in die Schar der Propheten und der Heilsgeschichte.

Die Kirche liest an diesem Festtag mit Vorliebe aber auch aus den großen alttestamentlichen Propheten. Gestern bei der Vorabendmesse wurde die Berufung des Jeremia gelesen; diese Stelle findet sich darüber hinaus auch im kirchlichen Stundengebet des heutigen Tages. Und heute haben wir als erste Lesung das zweite Lied vom Gottesknecht aus dem Propheten Jesaja gehört, das an vielen Stellen der Berufung des Jeremia sehr ähnlich ist, vor allem beim Gedanken der Erwählung bereits im Mutterschoß.

Es ist oft die Frage gestellt worden, wer dieser geheimnisvolle Gottesknecht ist, von dem der Prophet in den vier Gotttesknechtsliedern spricht. Redet er von sich selbst? Vom König? Vom Volk Israel als solchem?
Vor allem unter dem Eindruck des vierten Liedes vom Gottesknecht, das am Karfreitag in der Liturgie vorgelesen wird und in dem der Gottesknecht als der vorgestellt wird, der für das Volk unschuldig leidet, haben die Christen die Figur des Gottesknechts meist auf Jesus Christus bezogen. Er ist der Knecht Gottes, der für uns sein Leben dahingibt.
Letztlich muss es offenbleiben, was der Prophet sich beim Schreiben dieser Lieder oder bei seinen Prophezeiungen gedacht hat. Und wenn uns die Kirche das zweite der Gottesknechtslieder heute, am Fest des hl. Johannes des Täufers, vorlegt, dürfen wir wohl auch versuchen, das Leben Johannes des Täufers anhand des prophetischen Textes zu verstehen.

Johannes ist zwar nicht der, der - wie im vierten Gottesknechtslied - uns durch sein stellvertretendes Leiden erlöst; der einzige Erlöser ist natürlich Jesus Christus.
Aber es ist die Aufgabe Johannes des Täufers gewesen, dem Herrn vorauszugehen, den Weg für ihn zu bereiten, auf ihn zu verweisen. Und so ist es, denke ich, auch kein absoluter Widerspruch, das zweite Lied vom Knecht Gottes auch auf ihn zu beziehen.

Es beginnt mit dem machtvollen Ruf: "Hört auf mich, ihr Inseln, merkt auf, ihr Völker in der Ferne!" So können wir uns auch Johannes den Täufer vorstellen, der das Volk für das Kommen des Messias vorbereitet, der lautstark ankündigt: "Nach mir kommt einer, der stärker ist als ich."

"Der Herr hat mich schon im Mutterleib berufen", so sagt es der Gottesknecht von sich im Buch Jesaja, so könnte es auch Johannes der Täufer formulieren. Denn seine Aufgabe, das Volk für Jesus zu bereiten, hatte der Engel Gabriel ja seinem Vater Zacharias bereits verkündet, bevor Elisabeth überhaupt noch schwanger geworden ist.
"Er machte meinen Mund zu einem scharfen Schwert" - Wenn wir an die Bußpredigt Johannes des Täufers denken, die uns besonders in der Adventliturgie vorgestellt wird, dann trifft wohl auch dieser Satz auf ihn zu. Denken wir nur daran, wie furchtlos er gegen Herodes und seine unrechtmäßige Ehe aufgetreten ist, was ihm später sogar buchstäblich den Kopf gekostet hat.

"Vergeblich habe ich mich bemüht", spricht der Gottesknecht. Und mit der Enthauptung des hl. Johannes scheint sich auch dieser Satz für ihn zu bewahrheiten. Was bleibt von all seinem Wirken, von seiner machtvollen Predigt und furchtlosen Verkündigung?
Das zweite Gottesknechtslied endet nicht an dieser Stelle, sondern es blickt in die Zukunft. Gott hat den scheiternden Gottesknecht nicht im Stich gelassen, sondern ihm einen noch größeren Auftrag gegeben: Die Botschaft des Heils muss zu allen Völkern gehen.
Diesen Auftrag konnte Johannes selbst nicht mehr erfüllen. Er konnte eben nur ein kleines Stück des Weges der Gottesknecht sein, bevor er diese Aufgabe an den abgetreten hat, der wahrhaft der Knecht Gottes ist: Jesus Christus.

Liebe Brüder und Schwestern!
Den Auftrag an den Gottesknecht, Licht für die Völker zu sein und die Frohe Botschaft bis an das Ende der Erde zu tragen; diesen Auftrag hat Jesus Christus an uns alle weitergegeben, wenn er vor seiner Himmelfahrt spricht: "Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern".
Auch wir sind berufen, wie Johannes der Täufer, ein stückweit an der Sendung Jesu teilzunehmen. 

Johannes hat das Volk Israel auf das Kommen Jesu vorbereitet. Und er hatte die Demut, von sich weg- und auf Christus hinzuweisen: "Er muss wachsen, ich muss abnehmen."
Möge er uns Vorbild und Fürsprecher sein für unsere Aufgabe, der Welt die Frohe Botschaft zu verkünden, der Welt Jesus zu bringen. Möge er uns Vorbild und Fürsprecher sein, nicht uns selbst zu verkünden, sondern Christus.
Und wenn uns der Auftrag Jesu zu groß erscheint, dann dürfen wir darauf vertrauen, wie der Gottesknecht von Gott ermutigt zu werden. - Nicht umsonst ist der Missionsbefehl Jesu verbunden mit der Zusage: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."
Er ist es, der letztlich durch uns wirkt. Ihn müssen wir durchscheinen lassen. "Er muss wachsen, ich muss abnehmen."

Amen.

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