10. Sonntag im Jk. - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der Abschnitt aus dem Evangelium, den wir soeben gehört haben, ist sehr inhaltsreich und in sich verschachtelt aufgebaut.
Da ist zunächst die Rahmenerzählung von den Verwandten Jesu, die Jesus zurückholen wollen, weil sie meinen, er sei verrückt. Und am Ende werden sie von Jesus zurechtgewiesen und darüber belehrt, wer seine "wahren" Verwandten sind.


Dazwischen bringen die Schriftgelehrten ihre Vorwürfe vor: Jesus muss besessen sein! Nur mithilfe des Anführers der Dämonen kann er die Dämonen austreiben. Und auch sie werden von ihm zurückgewiesen; mit dem Hinweis, dass man Satan nicht durch Satan austreiben kann, denn ein Reich, das in sich gespalten ist, könnte ja keinen Bestand haben.

Wenn wir die beiden Antworten Jesu - an seine Familie und an die Schriftgelehrten - vergleichen, dann können wir eine grundlegende Gemeinsamkeit feststellen.
In beiden Fällen gibt Jesus eine Antwort, die sich auf sein Werk bezieht, an dessen Aufbau er arbeitet. Es geht ihm um das Reich Gottes. Es ist ein Reich der Einheit und der Harmonie, das er in seinem Wirken aufrichtet - Einheit und Harmonie, das könnte die Macht des Bösen gar nicht erreichen. Diejenigen, die ihn anklagen, von einem bösen Geist besessen zu sein, verwechseln diese aufbauende und bejahende Macht Gottes, den Heiligen Geist, mit der zerstörerischen Macht des Bösen - und darin besteht jene unverzeihliche Lästerung gegen den Heiligen Geist, von der Jesus spricht.
Nicht Satan treibt Satan aus, sondern Jesus selbst in der Kraft des Heiligen Geistes. Nicht durch das Böse wird das Böse überwunden, sondern durch das Gute. Die "Gründungsgeschichte" seines Reiches ist nicht die eines Krieges im herkömmlichen Sinn. Zwar redet die Liturgie der Kirche an Ostern vom "Zweikampf zwischen Tod und Leben", doch siegt der "Fürst des Lebens" gerade durch seine Niederlage, durch seinen Tod, durch das geduldige Ertragen.

Das Reich Gottes verträgt sich nicht immer mit den Kategorien eines irdischen Reiches. Das müssen schließlich auch die Verwandten Jesu lernen: Was ist nur aus ihm geworden! Er kommt nicht einmal mehr zum Essen, so sehr ist er für die Menschenmenge da! Er ist von Sinnen! - So denken sie und wollen ihm helfen, da wieder herauszukommen, wollen ihn "mit Gewalt zurückholen".
Im Reich Gottes aber zählen andere Maßstäbe. Selbst die Verwandtschaftsverhältnisse, die - in der damaligen Zeit noch viel mehr als heute - so fundamental bestimmend für das Menschenleben sind, werden von Jesus hintangestellt: "Meine Mutter und meine Brüder" sind die, die den Willen Gottes erfüllen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Geht es uns manchmal auch so, dass wir von der Botschaft Jesu vor den Kopf gestoßen werden?
Wenn die Kirche sich beispielsweise öffentlich zur unantastbaren Würde des Menschen von der Empfängnis im Mutterschoß an bis zum natürlichen Tod bekennt und darum kategorisch gegen Abtreibung auf der einen und Euthanasie auf der anderen Seite eintritt - empfinden wir das als zeitgemäß?
Oder ich denke an die hl. Mutter Teresa von Kalkutta oder unzählige andere Menschen, die um Jesu willen auf sich selbst verzichtet und ganz für andere gelebt haben - sind solche Leute noch ganz bei Verstand?

Die Botschaft Jesu und der Kirche eckt an, geht nicht immer konform mit der öffentlichen Meinung der jeweiligen Zeit. Und sie darf und muss anecken - denn das Reich Gottes, um das es uns gehen soll, gehorcht anderen Maßstäben! Und es wäre unehrlich, sich um des Beifalls willen anzupassen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Wenn wir die heutige Evangeliumstelle nicht nur rein exegetisch betrachten, enthält sie auch einen gewissen Trost für uns, wenn wir uns manchmal schwer tun mit Jesus und seiner Kirche.
Unter denen, die Jesus nicht verstehen, die ihn sogar für verrückt halten ob seines Einsatzes für das Reich Gottes, ist auch seine Mutter.
Und von Maria glauben wir, dass sie vom ersten Augenblick ihres Daseins an ohne Sünde, das heißt ganz mit Gott verbunden gewesen und es ihr ganzes Leben geblieben ist.
Seine Probleme und Schwierigkeiten mit der Botschaft Jesu, mit der Lehre der Kirche zu haben, kann also per se keine Sünde sein, trennt nicht von Gott - solange wir uns darum mühen, bei ihm zu bleiben und am Aufbau des Reiches Gottes mitzuwirken, so gut wir es können.

Zu den liturgischen Texten

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