Christkönig - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern!

Die erste Lesung des heutigen Christkönigsfestes spricht vom Hirten. Ein altes Bild, das zur Zeit, als der Text entstanden ist, vielfach als Bild für den König verwendet wurde. Nicht nur im Volk Israel, auch in den benachbarten Völkern, etwa im Großreich der Babylonier bzw. Assyrer war diese Metapher bekannt.

Wenn der Prophet Ezechiel also vom Hirten des Volkes gesprochen hat, ist seinen Zeitgenossen klar gewesen: Er spricht vom König. Und er spricht vom Hirten und König in einer Zeit, in der das Volk im Exil ist, sich zurücksehnt in die Heimat, nach Jerusalem, wo der König seinen Sitz gehabt hat.

Doch was der Prophet dem Volk verspricht, übertrifft die Vorstellungen. Er spricht nicht einfach davon, dass das Volk heimkehren wird, dass es wieder einen eigenen König haben wird, sondern Gott selbst wird der Hirt des Volkes sein; Gott selbst wird König über Israel sein, wie in den ruhmreichen und faszinierenden Geschichten, die sich das Volk über die Anfänge Israels nach dem Auszug aus Ägypten erzählt hat.

Was heißt es also, wenn Gott selbst der König ist? Auch darauf gibt uns die Lesung eine Antwort. Gott verwendet nicht nur das Bild des Hirten, so wie es die altorientalischen Könige gemacht haben. Nein, Gott verhält sich auch wie ein Hirt. Die Rede vom Hirten als Bild für den König ist bei Gott nicht nur Theorie (oder staatspolitische Propaganda), sondern auch Praxis! Er will sich wirklich um die Schafe, d.h. um die Menschen in seinem Volk kümmern. Er will nicht einfach hoch auf seinem Thron sitzen, sondern "inmitten seiner Schafe" wird er sein. Er will die Menschen nicht nur für sich arbeiten lassen, sondern er will sie "ruhen lassen". Und er will Hirt und König sein nicht nur für eine Elite des Volkes, sondern für alle, für die "verloren gegangenen", die "vertriebenen", die "verletzten", die "schwachen", aber auch für die "fetten und starken" Schafe in seiner Herde! - Ein guter König für alle, ein Beschützer, Bewahrer, Hirte will Gott für sein Volk sein.

Liebe Brüder und Schwestern!

Gott ist König des Volkes. Jesus Christus ist König des Himmels und der Erde. - Nicht nur Theorie, sondern Praxis wollen diese Sätze sein. Jesus nimmt sich ganz persönlich jedes einzelnen Menschen an; eben darum ist er der König.

Nicht nur Theorie, sondern Praxis - das fordert der große König aber auch von uns! Davon haben wir im Evangelium gehört. Und danach werden wir einmal gerichtet werden: nicht so sehr danach, was wir alles wissen, sondern was wir (auch aufgrund dieses Wissens) tun.

In einem Bild gesprochen: Wer die theoretische Führerscheinprüfung bestanden hat, der muss noch nicht unbedingt der beste Autofahrer sein; darum gibt es auch die praktische Prüfung. Dass das auch von unserem Glaubensleben gilt, daran erinnern uns die Texte des Christkönigsfestes.

Theorie und Praxis müssen übereinstimmen. Bei Gott, dem großen König und Hirten seines Volkes, trifft das zu; und er fordert es auch von uns. Habe ich persönlich dabei vielleicht noch Luft nach oben?


Zu den liturgischen Texten

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