Sexagesima (Messaushilfe bei der FSSP Wien)


Liebe Brüder und Schwestern!

Man merkt es dieses Jahr fast gar nicht, weil das Thema "Corona" alles überlagert, auch das gesellschaftliche Leben. Aber wir stehen mitten in der Faschingszeit, die die Menschen normalerweise ausgelassen und fröhlich feiern lässt. Es ist zwar auch heuer eine Zeit der Masken, doch müssen wir statt zur Faschingsmaske zur FFP2-Maske greifen. Von Fröhlichkeit und Leichtigkeit ist wenig zu spüren. Ganz im Gegenteil oft Bedrückung, ja Verzweiflung, jedenfalls eine gewisse Ernsthaftigkeit.

Die Liturgie der Kirche in ihrer klassischen Form kennt an den drei Sonntagen vor der Fastenzeit auch nicht die Ausgelassenheit der Faschingszeit, obgleich natürlich auch diese Liturgien echte Feiern sein wollen, die innerlich froh machen, weil sie uns zur Begegnung mit dem Herrn führen. Wir stehen in der Vorfastenzeit und bereiten uns schrittweise vor, dem Osterfest entgegenzugehen. So liegt in der Kirche unabhängig von "Corona" ein gewisser Ernst über dieser Zeit.

Faschingszeit ist eine Zeit der Masken und Verkleidungen, eine Zeit auch der Faschingsnarren und Büttenreden. In der heutigen Epistel stellt uns die Kirche auch eine Narrenrede vor. So nennt man nämlich die Rede des Apostels Paulus im 2. Korintherbrief, die heute gelesen wird. Paulus schlüpft, wie er selbst sagt, in die Rolle eines Narren. Allerdings ist seine Rede anders als eine närrische Ansprache zur Faschingszeit, sondern sie ist von jenem heiligen Ernst durchzogen, der der Vorfastenzeit eben zu eigen ist.

Zum Hintergrund: In Korinth, wo Paulus unter viel Mühe eine christliche Gemeinde gegründet hat, haben sich angebliche Überapostel eingeschlichen - Leute, die von sich behaupten, durch alle möglichen persönlichen Vorzüge die Geltung des Paulus zu überbieten. Und das fällt ihnen anscheinend gar nicht schwer. Paulus war ja mit dem Vorsatz nach Korinth gekommen, dort nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten (1 Kor 2,3) - und diese Botschaft ist, menschlich gesprochen, tatsächlich leicht zu überbieten.
Doch genau hier setzt die Kritik des Paulus an: Ja, diese mögen sich rühmen, persönlich hochstehend zu sein. Sie haben Verfolgungen ertragen, stammen aus gutem Hause, haben hohe Ausbildung genossen, können von übernatürlichen Erfahrungen und Entrückungen berichten und so fort. Paulus wollte von all dem nichts wissen, für ihn war die Schwachheit des Kreuzes das stärkste Argument, mit dem er gekommen ist, und er war bemüht persönlich davor in den Hintergrund zu treten. Doch nun sieht er sich genötigt, sich auf eine Stufe mit diesen "Narren" zu begeben. Und er spricht nun eben als Narr: Da kann ich auch mithalten!
Aber Paulus wäre nicht Paulus, wenn er bei diesem eitlen Selbstlob stehenbleiben würde. Nein, die Pointe ist eben, dass es töricht ist, auf all das zu verweisen, auf diese scheinbaren Vorzüge zu bauen und nicht auf die eigentliche Kraft der Botschaft, auf die Kraft des gekreuzigten Heilands, der selbst ganz wehrlos geworden ist und gerade darin seine Stärke erwiesen hat. "Es genügt dir meine Gnade", so durfte er von Gott erfahren, "denn die Kraft Gottes kommt in der menschlichen Schwachheit zur Vollendung".

Liebe Brüder und Schwestern!
Fasching ist die Zeit der Verkleidungen. Wir schlüpfen gerne in andere Rollen. Die heutige Liturgie stellt uns dabei den Völkerapostel Paulus als Vorbild vor, als wollte sie uns auffordern, in seine Rolle zu schlüpfen; d.h. nicht auf unsere eigene Kraft und Stärke, auf unser Können, unser Geld und Vermögen, unsere Beziehungen zu vertrauen - all das ist gut und uns von Gott gegeben; aber unsere eigentliche Kraft ist es, auf Gott zu vertrauen, ihm Platz zum Handeln zu lassen, ja das Samenkorn, das er wie im Gleichnis des Evangeliums in uns ausgesät hat, nicht mit unseren stolzen Schritten zu zertreten oder unter dem Dornengestrüpp unserer Selbstgefälligkeit ersticken zu lassen.

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