26. Sonntag i. Jkr. - Lj. B (Erntedank)

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Schrifttexte für den heutigen 26. Sonntag im Jahreskreis stellen eine Herausforderung dar, wenn man sie für das Thema "Erntedank" verwenden möchte. Ich habe mich aber entschlossen, diese Herausforderung anzunehmen und keine anderen Texte auszusuchen. Vielleicht möchte uns Gott ja sogar etwas damit sagen, wenn diese Texte mit unserem Erntedankfest zusammentreffen. Jedenfalls möchte ich eine Deutung in diese Richtung versuchen.

Ganz kurz zum Inhalt des Evangeliums: Da regen sich die Jünger darüber auf, dass jemand im Namen Jesu Dämonen austreibt, der aber nicht zu seinem Gefolge gehört. Für die Jünger ist das unerhört. Es passt nicht in ihr Schwarz-Weiß-Denken: Wenn jemand nicht mit uns geht, mit uns Jesus nachfolgt, hat er keine Berechtigung, im Namen Jesu zu handeln! Geht es uns nicht manchmal auch so? Wie kommt der oder die dazu, so aufzutreten! Wo kommen wir denn da hin, wenn jeder tut, was ihm gerade einfällt, ohne wirklich dafür zuständig zu sein! - Und im Regelfall hat diese Argumentation ja durchaus auch etwas für sich. Ohne eine bestimmte Ordnung kann unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Die Gefahr besteht aber, wie bereits angedeutet, wenn uns solche Überlegungen zu einem Schwarz-Weiß-Denken verleiten: Entweder so oder so! Dazwischen gibt es nichts! Jesus versucht dann die Jünger argumentativ von ihrem Denkschema abzubringen bzw. es zu erweitern. - Ein notwendiges Korrektiv möglicherweise auch für uns!

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich möchte bei diesem abstrakten Gedanken bleiben, dass Jesus das Schwarz-Weiß-Denken der Jünger aufbricht und versuchen, auf unser Erntedankfest anzuwenden.

Da könnte man auch sagen: Erntedank, ein Dankfest - ist das überhaupt angemessen im Jahr 2021? Wozu ein Dankfest in einem Jahr, das uns sicher nicht als ein gutes Jahr in Erinnerung bleiben wird? Unser Leben ist nach wie vor von der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen geprägt. In unserer Schwarz-Weiß-Schablone ist das Jahr 2021 sicher auf der schwarzen Seite zu finden! - Und da sollen wir ein Dankfest feiern?!

Doch, genau darin trifft sich unser Erntedankfest 2021 mit dem heutigen Evangelium. Es kann eine Gelegenheit für uns sein, unser Schwarz-Weiß-Denken aufzubrechen. Natürlich gibt es vieles in unserem Leben, das uns nicht gerade dankbar zurücklässt - und das muss gar nicht nur mit dem Thema Corona zusammenhängen. Doch trotz allem gibt es Grund zur Dankbarkeit, trotz allem dürfen wir uns freuen über die Ernte des Jahres und über all das, was gut gegangen ist. Erntedank ist kein schwarz-weißes, sondern ein buntes Fest, nicht nur, weil die verschiedenen Früchte und Erntegaben uns in allen Farben vor Augen stehen. Erntedank ist ein buntes Fest, weil es uns - gerade in einer Zeit, die wir als schwarz und dunkel empfinden - die Augen öffnet für all das Schöne und Gute, das wir nur allzu gerne aus den Augen verlieren!

Liebe Brüder und Schwestern!

Einen Schritt möchte ich noch weitergehen. Denn der heutige Sonntag zeigt uns in der zweiten Lesung noch eine andere Thematik, die wir ebenfalls gut mit dem Erntedankfest verbinden können. Im Jakobusbrief lesen wir die eindringliche Warnung an die "Reichen": "Euer Reichtum verfault" und damit verbunden die Aufforderung, unseren Reichtum, auch unsere Ernte, zu teilen, uns füreinander einzusetzen. Auch hier gilt: nicht nur Schwarz-Weiß denken; nicht im Schema Mein-Dein verbleiben, auch wenn das im Regelfall für unsere gesellschaftliche Ordnung grundlegend und wichtig ist.

So kann uns unser heutiges Erntedankfest zweierlei mit auf den Weg geben:

  • Dankbar sein, all das Schöne und Gute wertschätzen und sich nicht in einem Schwarz-Weiß-Schema einigeln!
  • Großzügig sein, all das Schöne und Gute gerne teilen und auch für andere einsetzen und nicht im starren Schema Mein-Dein gefangen bleiben!

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A