5. Fastensonntag - Lj. A

"Herr, dein Freund ist krank."

"Lazarus, unser Freund, schläft."

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, aber neben all dem Wunderbaren, das wir im heutigen Evangelium gehört haben, erfahren wir diese schöne und berührende Tatsache: Jesus hatte Freunde. - Und vielleicht ist das die wichtigste Erfahrung, die auch ein Mensch machen kann, der sich auf die Taufe vorbereitet - die langen Evangelien dieser Sonntage sind ja speziell für die Taufbewerber ausgewählt worden, die in der Osternacht getauft werden - eine Erfahrung, die wir alle, liebe Brüder und Schwestern, immer wieder machen dürfen: Jesus will unser Freund sein.

Nach diesem langen Evangelium nur drei kurze Punkte dazu:

(1.) Die Fastenzeit ist die Zeit der Taufvorbereitung. Und besonders die drei letzten Sonntage vor der Karwoche sind für die Taufbewerber mit wichtigen Schritten verbunden. "Skrutinien" - "Stärkungsriten" wird es genannt, wenn für sie an diesen Tagen gebetet und sie mit dem Katechumenenöl gesalbt werden. In den letzten Jahren gibt es auch in unserer Heimat vermehrt Erwachsene, die als Kind nicht getauft worden sind und sich dann eben ganz bewusst für diesen Schritt entscheiden. Oft sind sie schon lange entschlossen, Christ zu werden. Vielfach haben sie ein Leben hinter sich, das weit vom christlichen Glauben entfernt scheint. Und da stellt sich die Frage: Was macht das Christentum eigentlich aus? Wenn etwa jemand vorher Moslem gewesen ist: Was unterscheidet das Christentum vom Islam? - Und da können wir mit dem heutigen Evangelium als mögliche Antwort einfach das Folgende geben: Natürlich gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Islam und dem Christentum, aber sagen zu dürfen: Jesus ist unser Freund; Gott selbst wird ein Mensch, um als Mensch Freund der Menschen zu sein - das ist doch etwas Besonderes am christlichen Glauben, das uns immer wieder ganz tief berühren darf.

(2.) Bei Erwachsenen, die sich auf die Taufe vorbereiten, stellt sich außerdem oft die Frage, warum es so lange gedauert hat, bis ihr Leben sie zu ihrem Freund Jesus geführt hat; warum er nicht gleich zu ihnen gesprochen hat; warum er so lange auf sich hat warten lassen. - Und, liebe Brüder und Schwestern, ganz ähnlich dürfen wohl auch wir fragen, die wir schon als Kinder getauft worden sind: Warum dauert es so lange, warum ist es manchmal so schwierig, einen Zugang zu finden zu Jesus als unserem persönlichen Freund? Auch hier kann uns das heutige Evangelium etwas sagen, denn wir sind mit dieser Frage nicht allein: "Wärest du doch hier gewesen!", so sagt es Marta, die Schwester des Lazarus, des Freundes Jesu. - Wärest du doch hier gewesen! Hättest du doch nicht so lange auf dich warten lassen! Nun, viele alte Bibelauslegungen sagen, Jesus habe seine Freunde warten lassen, um das Wunder der Auferweckung des Lazarus noch herrlicher und deutlicher werden zu lassen. Ja, vielleicht ist es manchmal so, dass wir Menschen auch die großen Zeichen brauchen. Auch Freundschaften brauchen von Zeit zu Zeit aussagekräftige Gesten. Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Wenn man miterlebt, wie sich ein Erwachsener auf die Taufe vorbereitet, wie er sein ganzes bisheriges Leben hinter sich lässt, weil er zur Freundschaft mit Jesus gefunden hat, dann ist das so ein großes Zeichen, etwas Beeindruckendes, an dem wir teilhaben dürfen. Manchmal lässt Jesus gerade deshalb auf sich warten, damit die Begegnung mit ihm danach umso größer und sogar ansteckend auf andere wirken kann.

(3.) Wenn Jesus zu Lazarus sagt: "Komm heraus!", dann ist das etwas, das er auch zu den Taufbewerben sagt und etwas, das auch uns gilt: Komm heraus aus deinem Grab, komm heraus aus deiner Trauer, komm heraus aus allem, was dein Leben wie tot sein lässt. Komm heraus! - Dein Freund Jesus steht vor der Tür! So wünschen wir allen, die weltweit am kommenden Osterfest getauft werden, und allen, die schon getauft sind, dass sie mit ihrem, mit unserem Freund Jesus noch viele schöne Stunden erleben dürfen - hier auf dieser Erde und einmal auch in der ewigen Freude des Himmels, die kein Ende mehr kennt!

Zu den liturgischen Texten

Diese Predigt ist eine überarbeitete Version einer früheren Predigt bei einer Messe mit Taufskrutinium.

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