Eichgrabener Auferstehungsbilder, Teil 2 - 21. April 2020

Das heutige "Auferstehungsbild" aus der Eichgrabener Pfarrkirche ist das erste Glasfenster im Zyklus der glorreichen Rosenkranzgeheimnisse und zeigt dementsprechend "Jesus, der von den Toten auferstanden ist".

Zentral ist dabei Jesus, der als Sieger aus dem Grab steigt. Er trägt die Wunden der Kreuzigung - sichtbar sind die Wunden des linken Fußes und der geöffneten Seite. Er trägt aber auch das typische Siegesbanner. Sehr ausdrucksstark ist seine Bewegung nach "oben" ins Bild gefasst. Mit aller Kraft drängt er sozusagen in diese Richtung.

Neben dem auferstehenden Jesus finden sich noch drei weitere Gestalten.
Da ist zum einen der Engel, der gemäß der Schilderung im Matthäusevangelium (28,2) den Stein vom Grab wegnimmt, und zum anderen ein Wächter, der, ebenfalls gemäß dem Matthäusevangelium (28,4), voll Furcht ist und wie tot zu Boden sinkt.
Während diese beiden Gestalten, Engel und Wächter, also Bebilderung der biblischen Auferstehungsgeschichte nach Matthäus sind, bleibt noch die dritte Gestalt: ein in einen schwarzen oder grauen Mantel gehülltes Skelett.

Ich weiß nicht, was sich der Künstler dabei gedacht hat, aber ich möchte zwei verschiedene Deutungen versuchen:

* Zum einen könnte es sich um Adam, den ersten Menschen, handeln. Oft ist ja auch auf Darstellungen zu Füßen des Kreuzes ein Totenkopf zu sehen, der auf Adam anspielen soll. In der Grabeskirche in Jerusalem wird passenderweise unter dem Hügel Golgotha das Grab des Adam gezeigt. Die ostkirchlichen Auferstehungsikonen zeigen Jesus, der ins Reich des Todes hinabsteigt und Adam und Eva herausholt - stellvertretend für alle, die seit dem Sündenfall dort gefangen sind.
Gegen diese Deutung scheint mir allerdings bei unserem Glasfenster zu sprechen, dass der vermeintliche Adam eben nicht von Christus an der Hand genommen oder getragen wird und die beiden sich nicht einmal einander zuwenden. Jesus scheint ihn gerade nicht in seine Aufwärtsbewegung miteinzubeziehen.

* Das bringt mich zur zweiten Deutung, die ich für die wahrscheinlichere halte: Die Skelettgestalt soll den personifizierten Tod darstellen; jenen Tod, der anscheinend am Karfreitag über den gesiegt hat, der sich selbst "das Leben" genannt hat; jenen Tod, der nun am Tag der Auferstehung sich aber endgültig geschlagen geben muss.
Vielleicht ist dem Künstler die Ostersequenz "Victimae paschali laudes" vor Augen gestanden, ein poetischer Text aus dem Mittelalter, der in der Liturgie des Ostertages vor dem Evangelium eingeschoben wird. Dort findet sich nämlich in sehr dichter Sprache dieser "Zweikampf zwischen Leben und Tod" beschrieben: "Dux vitae mortuus regnat vivus." - Fünf Wörter reichen im lateinischen Original aus, um die ganze Dramatik des Geschehens zu schildern: Der Heerführer des Lebens, der gestorben ist, herrscht lebend.
Man darf sich den Zweikampf zwischen Leben und Tod in der Ostersequenz bildhaft als ein Hin und Her, als einen regelrechten Schlagabtausch vorstellen. Der Heerführer des Lebens erleidet eine Niederlage, er ist gestorben; und trotzdem herrscht er am Ende - und zwar als Lebender.

So oder so, ob als Adam oder als personifizierter Tod, kann die Skelettgestalt im Auferstehungsfenster für das stehen, was in unserem Leben daneben geht, was wir Sünde und Tod nennen können.
Die Botschaft des Kunstwerkes ist: Jesus ist Sieger über all das. Er ist es aber gerade dadurch, dass er zunächst ohnmächtig ist, selbst den Tod erleidet - er trägt ja noch die Wunden der Kreuzigung.
Auf diese Weise möchte uns die Darstellung Mut machen. Auch wenn es Sünde und Tod gibt, auch wenn wir dem Bösen nicht immer entrinnen können (dux vitae mortuus), am Ende ist das Leben stärker (regnat vivus) und muss sich der Tod geschlagen geben. Das ist die wahre Auferstehungserfahrung: Nicht dass das Böse weggenommen, sondern dass es durchlitten und überwunden wird!
Diese Erfahrung wünsche ich uns. Denn auch wenn sie bitter erkauft werden muss, ist sie der Ursprung jener Osterfreude, die niemals endet!

Euer Kaplan
Alexander Fischer


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