Tagesimpuls - 3. April 2020

Der heutige Impuls ist eine Einstimmung auf die kommende Karwoche anhand des berühmten "Stabat mater".
Er stammt passenderweise von einem leidenschaftlichen Kirchenmusiker, unserem Pfarrpraktikanten Felix Deinhofer, der sein Praktikum kurz vor Beginn der Ausgangsbeschränkungen begonnen hat und mich gebeten hat, sein Praktikum wenigstens auf diese Weise nicht ganz pausieren zu lassen.
In der Karwoche übernehmen die Tagesimpulse dann auf der facebook-Seite der Pfarre Eichgraben Gernot und Edith Stammler, die täglich 2 bis 3 Kreuzwegstationen betrachten werden.

Ich wünsche mit diesen Gedanken und darüber hinaus eine gesegnete, wenn auch anders als sonst gefeierte Karwoche!

Euer Kaplan
Alexander Fischer

Früher wurde auch am heutigen Tag das Gedächtnis der Sieben Schmerzen Mariens begangen, welches heute nur mehr am 15. September stattfindet. Dennoch kann es im Hinblick auf das Passionsgeschehen, welches wir nächste Woche betrachten, nicht falsch sein, auch einen Blick auf die Rolle Marias hierbei zu werfen. Menschlich betrachtet ist es schließlich kaum erträglich, was Maria mitzumachen hat: Ihr Sohn stirbt am Kreuz – Maria selbst steht hilflos dabei. Sehr wahrscheinlich war es der italienische Minoritenmönch Jacopone da Tode, welcher im Mittelalter im Stabat mater die Perspektive der Gottesmutter bei Christi Leidensgeschichte in Worte zu fassen versuchte. Wir kennen diesen Text in seiner deutschen Übersetzung von Heinrich Bone „Christi Mutter stand mit Schmerzen“, welcher sich im Gotteslob – leider unvollständig – befindet. Bei der Betrachtung des Textes selbst fällt auf, dass der Dichter in den ersten Strophen auf sehr ausführlichem Wege versucht, das Leiden Mariens so eindringlich und deutlich wie möglich zu kommunizieren. Es geht ihm scheinbar darum, sich intensive Bilder des Leidens vor Augen zu stellen – Bilder also, denen sich niemand gerne stellt und die durchaus auch eine Art von Trauer und Schmerz beim Leser bzw. beim Betenden hervorrufen wollen. Heinrich Bone fasst dies sehr treffend in Worte: „alles Leid hielt sie umfangen, das nur je ein Herz durchdrang“. Der Schmerz Marias unter dem Kreuz ist somit nicht nur rein auf die Situation bezogen, sondern fasst in sich den Schmerz der ganzen Welt, der je gelitten wurde und gelitten wird. Aus diesem Grund mischt sich der Verfasser des Stabat mater in der fünften Strophe schließlich ein in diese intime Leidensbeziehung zwischen Maria und ihrem Sohn, da dieser Schmerz eben die ganze Welt betrifft: „O du Mutter, Brunn der Liebe, mich erfüll mit gleichem Triebe, dass ich fühl die Schmerzen dein“. Das Stabat mater will also kein bloßes Mitleid hervorrufen, sondern es soll tatsächlich Anteil genommen werden an dem zuvor beschriebenen Leiden. Nicht nur mit der Mutter möchte der Verfasser mitleiden, sondern auch mit Christus selbst, wie etwa am Ende der achten Strophe: „dass ich Christi Tod und Leiden, Marter, Angst und bittres Scheiden fühle wie dein Mutterherz!“. Somit ist letztlich das Stabat mater – wie auch andere Marienhymnen – eine Betrachtung und Verehrung Marias als Verweis auf Christus selbst. Nicht also Maria steht im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern letztendlich unser Heiland. Am Ende des Textes, in den letzten beiden Strophen, steht ein plötzlicher Rekurs auf den frommen Betrachter selbst, sowie auf sein eigenes Sterben und ewiges Leben. „Entflammt und entzündet“ durch die Jungfrau möchte er „geschützt“ sein „am Tage des Gerichtes“. Die letzten Zeilen stellen eine flehende Bitte dar, dass der Seele des einst sterbenden Betrachters „paradisi gloria“, also des Paradieses Herrlichkeit verliehen werde. Es ist dies schließlich ein Hinweis darauf, dass der Kreuzestod Christi kein Ereignis war, das sich in die Reihe von unzähligen grauenhaften Ereignissen der Menschheitsgeschichte einordnen lässt, sondern letztlich ein heilvolles und vor allem heilbringendes Geschehen, durch das Christus die Sünden der Welt getilgt, die Menschheit mit Gott versöhnt und den Stachel des Todes besiegt hat. Auch in den Messtexten des heutigen Tages spiegelt sich das wieder: „Jesus Christus hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Kreuz hinaufgetragen, damit wir für die Sünde tot seien und für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Striemen sind wir geheilt“ (1 Petr 2, 24). Das Stabat mater zielt somit darauf ab, dass der Gläubige durch das Einswerden mit Christus und Maria in ihrem Leiden sein Heil erlangt. Entflammt und entzündet durch die Liebe zu Christus und Maria ist der fromme Mensch geschützt am Tag des Jüngsten Gerichts und bewahrt durch das Kreuz. Das Stabat mater kann so auch eine Einladung an jeden sein, der es betet, singt oder hört, selbst nachzudenken über Schuld und Leid – gerade in dieser Zeit der bevorstehenden Karwoche. 

Felix Deinhofer, Pfarrpraktikant

Zu den Messtexten

Zum "Stabat mater"



Gepostet von Pfarre Eichgraben am Donnerstag, 2. April 2020

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