11. Oktober - Weihetag des Domes zu St. Pölten

Liebe Brüder und Schwestern!

Ein Kirchweihfest ist immer ein Anlass, darüber nachzudenken, was es heißt "Kirche" zu sein. Besonders in der zweiten Lesung und im Evangelium haben wir ja Texte gehört, die uns vom Kirchengebäude eigentlich wegführen und uns Kirche dafür als große Gemeinschaft der Gläubigen vorstellen, die selbst das "besondere Eigentum" Gottes, also sein "Haus" ist (2. Lesung) und ihn an jedem Ort anbetet im Geist und in der Wahrheit (Evangelium).

Trotzdem haben unsere Kirchengebäude eine Bedeutung - und zwar nicht nur als Versammlungshallen, sondern auch als Erinnerung an unser Kirche-Sein. So haben die verschiedensten Architekturtypen verschiedene Aspekte der Kirche dargestellt. Darüber könnte man vieles sagen: von der romanischen "Gottesburg" über die nach "oben" drängende Gotik hin zum barocken "Himmel auf Erden" und zu den verschiedenen modernen und postmodernen Kirchenkonzepten. Das kann uns zeigen, dass es für Kirche-Sein kein einheitliches, fertiges Rezept gibt, sondern jede Zeit und jeder einzelne vor die Herausforderung gestellt sind, das Allgemeingültige in die konkrete Situation hinein zu übersetzen und anzuwenden.
Nur so viel zur kirchlichen Architektur.

Interessant ist auch, welche Kirchweihfeste im Laufe eines Jahres im liturgischen Kalender stehen. Neben einigen Weihetagen, aus denen sich vordergründig Heiligengedenktage entwickelt haben, sind es nämlich drei Kirchweihfeste, die gefeiert werden: der Weihetag der eigenen Kirche; der Weihetag der jeweiligen Bischofskirche; und der Weihetag der Bischofskirche von Rom, also der Kathedrale des Papstes. Das wiederum will unseren Blick weiten und uns daran erinnern, dass wir zwar in unserer konkreten Pfarre, dort wo wir wohnen und leben, Kirche sein sollen, uns aber immer verbunden wissen dürfen und müssen mit der sogenannten "Ortskirche", die von einem Bischof geleitet wird, und mit der universalen Weltkirche; an Personen festgemacht: mit dem Bischof und dem Papst, die in der Nachfolge der Apostel stehen, die von Jesus selbst berufen worden sind.

Wenn ich jetzt so vor mich hin vom Kirche-Sein spreche, dann stellen sich einige von Ihnen wahrscheinlich zurecht die Frage: Was heißt denn das? Wie geht das? Was wird da von mir verlangt?
Im Letzten können wir es auf eine ganz einfache Formel bringen. Kirche ist kein Selbstzweck, sondern wir haben eine Aufgabe. Und nur wenn wir diese Aufgabe erfüllen, haben wir das Kirche-Sein gelebt. Das 2. Vatikanische Konzil hat es so formuliert, dass die Kirche Zeichen und Werkzeug sein soll für die innige Vereinigung mit Gott und für die Einheit der Menschen untereinander (vgl. LG 1).

Liebe Brüder und Schwestern!

Wenn Sie an kirchliche Aktivitäten denken - sei es auf Ebene der Pfarre, der Diözese oder der Weltkirche - haben Sie da den Eindruck, dass sie diesem Ziel dienen? Bringt unser kirchliches Tun die Menschen näher zu Gott und weil wir dann alle näher bei Gott sind als Folge auch näher zueinander? - Eine Frage, die wir uns immer wieder stellen müssen! Ein kritischer Maßstab, der uns als Pfarre, als Diözese, als Weltkirche, aber auch jedem einzelnen von uns für sein christliches Leben gegeben ist!

Im Antwortpsalm hat es geheißen: "Besser ein einziger Tag in deinen Höfen", besser ein einziger Tag in der Gemeinschaft der Kirche Gottes "als tausend andere." - Tragen wir dazu bei, dass viele Menschen, auch sogenannte "Fernstehende" diesen Ausruf nachvollziehen können?

Am heutigen Fest der Kirchweihe unserer Bischofskirche dürfen wir beten, dass es den Verantwortungsträgern in der Diözese und uns allen gelingen möge, heute und auch in Zukunft nicht uns selbst in der Kirche zu verwirklichen, sondern wahrhaft ein Werkzeug Gottes zu sein, mit dem er die Menschen an sich ziehen will.
Wollen wir besonders auch unseren Bischof Alois Schwarz und den am vergangenen Donnerstag neu ernannten Generalvikar Christoph Weiß in unser Gebet einschließen.
Mögen unser Diözesanpatron, der hl. Hippolytus, und die Gottesmutter, der der St. Pöltner Dom geweiht ist, auch vom Himmel her Fürsprache halten für unsere Diözese und für die Kirche auf der ganzen Welt.


Schrifttexte: 
Jes 56,1.6-7; Ps 84,2-5.10-11a; 1 Petr 2,4-9; Joh 4,19-24

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