Allerheiligen

Liebe Brüder und Schwestern!

"Schrei vor Glück!" - Mit diesem Spruch wirbt ein bekanntes Online-Versandunternehmen sehr eindrücklich. Da sieht bzw. hört man Kunden laut schreien, wenn der Postbote mit der Bestellung kommt oder die bestellten Schuhe oder was auch immer vor der Türe liegen.

Natürlich arbeitet die Werbung mit Übertreibung. Aber wer von uns kennt das nicht? Dass man sich so sehr über etwas freut - und sei es die Lieferung der neuesten Modetrends - dass man schreien möchte vor Glück oder seine Freude auf andere Weise lautstark kundtun möchte.

"Schrei vor Glück!", hinter diesem Werbeslogan steckt die Einsicht, dass sich echte Freude auch nach außen zeigen möchte.

Am heutigen Fest Allerheiligen könnten wir sagen, dass die Kirche vor Glück und Freude schreit. Und sie lädt uns und alle ein, in den Jubel einzustimmen. So heißt es im Eröffnungsvers der hl. Messe:

"Freut euch alle im Herrn am Fest aller Heiligen; mit uns freuen sich die Engel und loben Gottes Sohn."

"Schrei vor Glück!" - In der Werbung ist es die lang ersehnte Lieferung, die das Jubelgeschrei auslöst. Was ist also der Grund, dass die Kirche heute ihren Jubelgesang anstimmt, der offensichtlich viel tiefer geht als das Glücksgeschrei der Werbung?

Nun, bleiben wir bei der Werbung des Versandunternehmens. Es löst offenbar Glücksgefühle aus, wenn die bestellte Ware, das, was man erwartet, wofür man gearbeitet hat, tatsächlich eintrifft. Wenn wir damit also einen Vergleich ziehen wollen, dann kann der Grund zur Freude, der Anlass des "Schrei vor Glück!" am heutigen Festtag doch nur sein, dass uns all die vielen Glieder der Kirche vor Augen geführt werden, die ihr Ziel erreicht haben, die in der ewigen Gemeinschaft mit Gott stehen, für die der Schluss des heutigen Evangeliums ewige Wirklichkeit geworden ist: "Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn ist groß im Himmel" - "Freut euch und jubelt" - "Schreit", oder sagen wir besser: "Jubelt vor Glück!"

"Eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen" ist es, die im Himmel ihr ewiges Glück gefunden hat, die dort vor Freude jubeln darf - so sagt es uns die Lesung aus der Offenbarung des Johannes. Der ewige Jubelruf im Himmel ist also sicher viel gewaltiger als das Geschrei der Werbung. Es ist ein vielstimmiger Jubel in vollendeter Harmonie, der niemals endet - so schön und gewaltig, wie ihn der beste Chor auf Erden nicht zur Aufführung bringen könnte.

"Schrei vor Glück!" - Diesen Aufruf der Werbung richtet die Kirche aber heute nicht nur an die Heiligen im Himmel, sondern wie gesagt an uns alle, wenn wir heute der Menschen gedenken, die ihr Ziel erreicht haben.

Allerheiligen ist ein Fest der ganzen Kirche, nicht nur der Kirche des Himmels, sondern auch für uns, die wir noch hier auf Erden auf dem Weg sind. Und wenn wir heute einen Blick in den Himmel werfen dürfen, dann kann es uns wieder neu bewusst werden, zu welch großer, schöner, starker und freudiger Gemeinschaft wir gehören. Wenn wir so die Herrlichkeit der Heiligen, nicht irgendwelcher anonymer Heldengestalten, sondern unserer Brüder und Schwestern betrachten dürfen, jene Herrlichkeit, die auch uns einmal zugesagt ist, dann können wir gar nicht anders, als in ihren Jubelruf einzustimmen.

Liebe Brüder und Schwestern!

"Schrei vor Glück!", sagt uns die Werbung und sie suggeriert uns dabei, wie wir zu diesem Glücksgefühl kommen; natürlich - so die Strategie - wenn wir es den in Szene gesetzten Kunden gleichtun und beim Online-Versandunternehmen einkaufen.

Wie also gelangen wir zu diesem Glück, das die Heiligen ausstrahlen, in deren Jubel wir einstimmen dürfen? Es legt sich in Analogie zur Werbung nahe, es den heute "in Szene gesetzten" Heiligen gleichzutun. Wie das geht, darauf gibt uns Jesus im Evangelium eine Antwort. Neunmal sagt er uns, wer "selig" ist; anders übersetzt: wer "glücklich" zu preisen ist, wer dieses ewige Glück findet, das ihn vor Freude jubeln lässt. Und wenn er hier besonders denen das Glück zuspricht, die in den Augen der Welt betrachtet wohl eher nicht vor Glück, sondern vor Jammer schreien würden, dann enthält das eine unglaubliche Verheißung: Dieses ewige Glück ist nicht den Schönen und Reichen, den Starken und Erfolgreichen vorbehalten. "Schrei vor Glück!" - das kann wirklich für alle Menschen Wirklichkeit werden! - "Ein Heiliger kann jeder werden", hat Papst Johannes XXIII. gesagt.

"Freut euch alle im Herrn am Fest aller Heiligen; mit uns freuen sich die Engel und loben Gottes Sohn."

Diesem eindringlichen Aufruf der Kirche wollen wir gerne nachkommen - nicht nur heute. Als Christen dürfen wir fröhlich durchs Leben gehen. Nicht unbedingt so schrill und ohrenbetäubend vor Glück schreien, wie in der Werbung, aber auf jeden Fall unsere Freude auch nach außen tragen, sie ausstrahlen lassen auf unsere Mitmenschen, so wie die Freude der Heiligen in der Vollendung eben auch auf uns abfärben darf.

Zu den liturgischen Texten

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