Fest der hl. Familie - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich finde es manchmal interessant, was sich die Fernsehwerbung alles einfallen lässt. Da gibt es ja allerhand kreative Ideen, auf die man selber gar nicht kommen würde. Ein Motiv, das vielleicht zwar nicht so ausgefallen ist, aber trotzdem immer wiederkehrt, ist das der Familie. Sei es für Süßigkeiten, für Waschmittel, für das neue Auto oder für die Versicherung für dieses Auto - das Familienmotiv scheint irgendwie ein Erfolgsrezept für die Werbung zu sein.

Natürlich zeichnet die Werbung meistens ein ideales Bild von Familie: Die braven Kinder, die von der Mutter mit Süßigkeiten belohnt werden; Kinder, die sich bei ihren Eltern bedanken; eine glückliche Familie bei einem Familienausflug im Auto; oder Kinder, die sich beim Spielen schmutzig gemacht haben und deren Kleidung durch die angepriesenen Produkte im neuen Glanz erstrahlt.

Freilich wissen wir, dass die Realität oft anders aussieht. Nicht nur, dass die beworbenen Güter oder Dienstleistungen nicht unbedingt immer das Gelbe vom Ei sind bzw. man nicht erwarten kann, dass beispielsweise die Hose mit den Grasflecken wirklich wieder ganz rein wird - nicht nur das, wir wissen auch, dass das Familienleben nicht immer so harmonisch abläuft, wie es uns in solchen Werbespots gezeigt wird. Gerade in den letzten Monaten, wo viele von uns sehr viel Zeit mit der engsten Familie verbracht haben, haben sich leider auch Berichte über Gewalt in den Familien gemehrt oder ist die Belastung auch anders zu spüren - Distancelearning und Homeoffice unter einen Hut zu bringen, kann schon herausfordernd sein, das weiß ich aus Erfahrungsberichten von verschiedenen Familien auch in unseren Pfarren. Kurz gesagt: Ja, die Werbung funktioniert, weil sie uns ein Bild zeigt, das wir irgendwie als Ideal und erstrebenswert empfinden, aber die Realität sieht leider manchmal auch anders aus.

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Texte der hl. Schrift, die heute am Fest der hl. Familie gelesen werden, zeigen uns ein anderes - vielleicht realistischeres Bild - von der Familie. (Einmal ganz abgesehen davon, dass das heutige Konzept der Kleinfamilie aus Vater, Mutter, Kind der damaligen Lebenswelt eigentlich fremd ist.)

Heute ist zunächst die Rede von Abraham und Sara gewesen. Da finden wir zum einen die große Verheißung: den beiden wird ein Kind geschenkt werden; das alte, kinderlose Paar, wird einen Erben bekommen - etwas modern ausgedrückt: Abraham und Sara wird das Familienglück zuteil werden. Zum anderen wird diese Familie keineswegs nur die heile Welt leben: Abraham bekommt den Auftrag, seinen Sohn Isaak zu opfern, womit Gott ihn auf die Probe stellt - er bekommt seinen Sohn auch lebend zurück; aber trotzdem: die Familienidylle der Werbung ist für Abraham und Sara nicht die Realität gewesen.

Und auch die hl. Familie Jesus, Maria und Josef, die uns am heutigen Fest vor Augen gestellt wird, kennt nicht nur "Friede und Freud", von denen die Engel im Weihnachtslied "Süßer die Glocken nie klingen" singen, sondern eben auch manche Sorgen und Nöte. Das oft romantisch dargestellte Bild von Maria und Josef bei der Krippe mit dem Jesuskind ist ja bei Tage betrachtet auch alles andere als erstrebenswert: Eine hochschwangere Frau, die ihr Kind in einem armen Stall zur Welt bringen muss; dort wo sonst die Tiere untergebracht sind, ihr Futter bekommen und vielleicht ihre Notdurft verrichten und es dementsprechend riecht. Und wenn man den Lebenslauf des Neugeborenen ansieht, geht er ja auch nicht sehr idyllisch weiter, sondern wird sein Ziel im Kreuzweg und in der Hinrichtung finden. Im heutigen Evangelium ist dementsprechend auch von beidem die Rede: Der greise Simeon freut sich, das lang ersehnte Heil in diesem Kind erkennen zu dürfen; gleichzeitig weissagt er Maria: "deine Seele wird ein Schwert durchdringen".

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Botschaft des Festes der hl. Familie ist also nicht die, dass in unseren Familien immer alles reibungslos und harmonisch ablaufen wird oder ablaufen kann. Die hl. Familie, die uns als das Ideal einer Familie vor Augen gestellt wird, kennt selbst auch die Schattenseiten des Lebens.

Das Fest der hl. Familie macht nicht Werbung für ein unerreichbares Familienideal, sondern für das echte Familienleben mit seinen Höhen und Tiefen. Ja, Jesus ist in genau solch eine Familie hineingeboren worden - und er will auch in unseren Familien da sein, sie begleiten, ihnen beistehen, nicht nur dann wenn alles gut ist, sondern immer und überall.

Möge die hl. Familie in diesem Sinn das große Vorbild für unsere Familien sein - zusammenhalten in guten und schlechten Zeiten!

Möge das göttliche Kind, dessen Geburt wir feiern, auch in unseren Familien "geboren" werden und sie mit seiner Liebe erfüllen!

Mögen Maria und Josef Fürsprache einlegen für unsere Familien!

Amen.


Zu den liturgischen Texten

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