27. September - Hl. Vinzenz von Paul, Festmesse bei den Barmherzigen Schwestern

Liebe Mitbrüder im Priesteramt!
Ehrwürdige Schwestern!
Liebe haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter und Bewohner des Heims St. Louise!
Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Der hl. Vinzenz von Paul wollte Priester werden. Ein schöner Berufswunsch, könnten wir meinen. Aber was war seine Motivation dazu? Nun, ursprünglich strebte er das Priestertum nicht aus frommen Überlegungen heraus an oder weil er es gar als eine von Gott gegebene Berufung ansah, sondern schlicht, weil es ein Beruf war, der ihn aus der Armut befreien konnte.
Das mag zugegebenermaßen nicht der beste Grund sein, das Priestertum anzustreben, doch es verlieh dem hl. Vinzenz wohl eine gewisse Zielstrebigkeit. Mit etwas unter 20 Jahren wurde er tatsächlich zum Priester geweiht und nun strebte er eine höhere kirchliche Karriere an.

Doch es kam anders. Im beginnenden 17. Jahrhundert wurde ihm als jungem Priester nicht einfach vom Bischof eine Wirkungsstätte zugeteilt, sondern er musste sich selbst seine Arbeit suchen - und das war gar nicht leicht für ihn! Er kam viel herum, ohne wirklich sesshaft zu werden. Wahrscheinlich ist er in dieser Zeit auch viel zum Nachdenken über sich und seine Berufung gekommen. Ausschlaggebend für eine Wende in seinem jungen Leben war die Begegnung mit dem späteren Kardinal Pierre de Bérulle, eine Priesterpersönlichkeit, die Vinzenz offenbar sehr beeindruckt hat, jemand, der eine tiefe Spiritualität und Christusbeziehung ausstrahlte. Vinzenz war Priester geworden und wollte kirchliche Karriere machen, um der Armut zu entkommen. Jetzt findet er endlich seine wahre Berufung als Priester: nicht für sich selbst zu sorgen, sondern Seel-Sorger für andere zu sein. Mit seiner neuen Einstellung gelang es ihm auch, eine Pfarrstelle zu finden, wo er nun segensreich wirken konnte. Er war ein begnadeter Beichtvater und zog durch seine Predigten so viele Menschen an, die dieses Sakrament empfangen wollten, dass regelmäßig Priester aus den Nachbarorten kommen mussten, um ihn beim Beichtehören zu unterstützen. Bald folgten ausgedehnte Volksmissionen.
Seine seelsorgliche Tätigkeit zog schnell auch andere Priester an, die er in der Missionskongregation der Lazaristen zusammenschloss. Exerzitien, vor allem für Priester, und die Sorge um die Priesterausbildung waren die großen Aufgabenfelder der Lazaristen. Das, was der hl. Vinzenz selber durch sein Leben auch auf manchen Irrwegen lernen musste, nämlich, was es wirklich heißt, Priester zu sein, das wollte er anderen weitergeben.

Das ist sozusagen der eine Lungenflügel, mit dem der hl. Vinzenz fortan geatmet hat: die geistliche Erneuerung der Priester und durch die Priester die geistliche Erneuerung der Kirche seiner Zeit.

Genauso wichtig ist ihm aber der zweite Lungenflügel gewesen: die gelebte Nächstenliebe, die tatkräftige Hilfe für die, die diese Hilfe am nötigsten haben.
So wird von ihm beispielsweise erzählt, dass ihm eines Tages kurz vor der hl. Messe in der Sakristei von einer armen Familie am Rande der Stadt berichtet wurde, die kurz vor dem Hungertod stand. Der hl. Vinzenz hielt daraufhin spontan eine sehr emotionale Predigt darüber. Als er sich dann am Nachmittag auf den Weg machte, um diese Familie zu besuchen, da begegnete er einer großen Menschenmenge, die sich auf seine Predigt hin entschlossen hatte, der Familie zu helfen.
Das war schließlich der Anlass für ihn, die Vereinigung der "Damen der Caritas" als Hilfsorganisation zu gründen, sozusagen ein Vorläufer der Barmherzigen Schwestern, die ja auch heute noch im Geist des hl. Vinzenz viel Gutes tun, nicht zuletzt auch hier im Heim St. Louise!

Liebe Brüder und Schwestern!
Wofür steht also kurz gesagt die Person des hl. Vinzenz von Paul?
Einerseits für die Heiligung der Priester, wir könnten sagen: die Unterstützung der "Strukturreform", die das Konzil von Trient angestoßen hatte; und anderseits für die tatkräftige Unterstützung der Armen, Kranken und Hilfsbedürftigen.
Wahrscheinlich ist das das Erfolgsrezept des hl. Vinzenz gewesen, dass er mit diesen beiden Lungenflügeln geatmet hat und so eben tatsächlich erfolgreich zur Reform der Kirche beitragen konnte.

Wenn heute vielfach der Wunsch nach Erneuerung der Kirche laut wird, dann stehen meist strukturelle Fragen im Vordergrund. Und diese Fragen sind gewiss wichtig, mit diesen Fragen hat sich etwa im Bereich der Priesterausbildung auch der hl. Vinzenz von Paul beschäftigt.
Aber sein Beispiel kann uns auch mahnen, den zweiten Lungenflügel nicht zu vergessen. Kirchliche Strukturen müssen auch mit Leben, mit christlichem Geist gefüllt sein, der sich nicht zuletzt in tätiger Nächstenliebe ausdrückt. - Davon ist in gegenwärtigen Reformdebatten oft wenig zu hören!

Möge der hl. Vinzenz von Paul auch unserer heutigen Zeit Fürsprecher sein für eine echte Erneuerung der Kirche! Möge er jedem einzelnen von uns Fürsprecher sein für eine echte Erneuerung meines persönlichen christlichen Lebens!

Zu den liturgischen Texten (Eigentexte der Lazaristen und der Barmherzigen Schwestern)

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