23. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wer schon einmal die verschiedenen Zeitungsinserate oder Jobangebote in anderen Medien durchgesehen hat, der kennt das: Wenn man sich die Stellenbeschreibungen durchliest und das, was von einem alles gefordert wird, dann fühlt man sich oft überfordert, dann scheint es, als könne das doch kein Mensch alles gleichzeitig erfüllen - jung, aber mit viel einschlägiger Berufserfahrung, um nur ein Paradox zu nennen, das einem oft begegnet.

Lernbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Eigeninitiative, Teamfähigkeit, Sprachenkenntnis, ... - Solche und ähnliche Schlagworte finden sich da. All diese Kompetenzen könnte Jesus auch von seinen Jüngern verlangen, von denen, die gleichsam bei ihm ausgebildet und dann ausgesandt werden.
Und das heutige Evangelium bietet tatsächlich eine Art Stellenbeschreibung des Jüngers, aber es sind andere Kriterien, die Jesus nennt. Dreimal sagt er heute, was der Jünger an Kompetenzen mitbringen muss:

  • Er muss die eigene Familie und sogar sich selbst gering achten.
  • Er muss fähig sein, sein Kreuz zu tragen.
  • Er muss auf seinen ganzen Besitz verzichten.
Für Jesus zählen also andere Voraussetzungen für das Jüngersein als für irgendeinen Beruf in vielen Stellenbeschreibungen; aber diese Voraussetzungen sind trotzdem nicht weniger fordernd und für viele überfordernd!

Liebe Brüder und Schwestern!
Es kommt auf dem Arbeitsmarkt vor, dass jemand das Anforderungsprofil für eine Arbeitsstelle nicht ganz erfüllt, sich aber trotzdem bewirbt und die Stelle bekommt. Wenn wir die Jünger Jesu, voran die Apostel, anschauen, können wir uns auch fragen: Haben sie das Einstellungsprofil Jesu wirklich erfüllt?

  • Den Kontakt zur Familie wird es wohl weiter gegeben haben. So hören wir an einer Stelle etwa von der Schwiegermutter des Petrus und an anderer Stelle von der Mutter des Bruderpaares Jakobus und Johannes.
  • Wie sieht es aus mit dem Besitz der Apostel? Wir werden wohl davon ausgehen dürfen, dass sie nicht alle bettelarm geworden sind.
  • Und die Bereitschaft zum Kreuz? Als Jesus seinen Kreuzweg ging, war außer Johannes keiner von den Aposteln dabei. Und einer Legende gemäß wollte sogar der Erste unter den Aposteln, Petrus, ungefähr 30 Jahre nach dem Tod Jesu fliehen als es darum ging, dass er selbst am Kreuz hingerichtet werden sollte.
Nein, bei den Jüngern ist es so wie bei vielen Bewerben auf eine Arbeitsstelle, dass sie das vorgegebene Profil nicht zu 100% erfüllen.

Was will Jesus dann mit seinen Aussagen bezwecken, wenn er sich nicht einmal für seinen engsten Jüngerkreis solche aussucht, die seinen Worten entsprechen?
Die Worte Jesu fordern uns heraus. Es geht darum, dass es uns ernst sein muss mit der Nachfolge Jesu. Und auch wenn wir nicht bettelarm und getrennt von unserer Familie gekreuzigt werden, darf unsere Nachfolge keine halbe Sache sein. Dazu stehen die Anforderungskriterien an das Jüngersein da wie eine dreifache Mahnung:

  • Erste Mahnung:
    Familienbande mögen wichtig sein, werden aber für den Christen, für den, der Jesus nachfolgt, erweitert. Man wird hineingenommen in die große Familie Gottes - und diese Familienbande sollen umso stärker sein!
  • Zweite Mahnung:
    Irdischer Besitz mag schön sein, kann vielleicht sogar glücklich machen, kann auch zur Hilfe an anderen eingesetzt werden. Er verblasst aber vor dem, was uns verheißen ist, nämlich an der Herrlichkeit Gottes teilzunehmen! Dieser Ausblick auf unsere letzte Zukunft kann uns frei machen von unserem irdischen Besitz und seinen Zwängen.
  • Dritte Mahnung:
    In dieser Freiheit - mit Blick auf die Freuden der Ewigkeit - kann der Jünger schließlich auch manches Kreuz und Leid ertragen, weil er weiß, dass es letztlich nicht von Dauer ist.
Liebe Brüder und Schwestern!
Das Anforderungsprofil für den, der die Nachfolge Jesu leben möchte, ist nicht einfach zu erfüllen. Es fordert uns heraus. Ja, es kann uns sogar überfordern.
Aber es lohnt sich auf jeden Fall, dieses Abenteuer der Nachfolge zu wagen!

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A